8. Tag: Muotkajärvi – Kautokeino (94.33km)

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Am Morgen bemerke ich die Vorteile der Zivilisation. Meine mückenfeindliche Kochidee hat dazu geführt, dass ich etwas Kochwasser im Zelt vergossen habe. Leider habe ich nicht bemerkt, dass etwas Wasser unter die Thermarestmatte geronnen ist. Ich entdecke dort eine Fettschicht, die nicht mit kaltem Wasser und Seife weggeht. Also Wasser erwärmt. Es mag komisch klingen, in diesem Moment begreife ich, was moderne Sanitäreinrichtungen für eine Errungenschaft sind.

Der Wind ist sehr kalt und ich bemerke, dass die Temperaturzahlen sich hier anders anfühlen als in D.

Ich war mir nicht im Klaren darüber, was die Schneemobile und deren Loipen bedeuten. Verkehr oder Sport. Nachdem an einer Stelle sogar eine Unterführung für die Schneemobile gebaut wird, nehme ich doch eher an, es handelt sich um ernsthaften Verkehr.

Kurz vor der norwegischen Grenze treffe ich meinen ersten schwedischen Reiseradler überhaupt. Er berichtet mir, er wäre auch der einzige, den er kennen würde.

Eine Sache finde ich sehr faszinierend. Der Wechsel zwischen Sumpf und trocknem Sandboden. Teilweise fühle ich mich dann an Brandenburg erinnert.

10 km vor der norwegischen Grenze gibt es einen Minimarket. Preisfaktor 1,5 zu den deutschen Preisen. Was die Norweger nicht daran hindert, Bier in rauen Massen zu kaufen.

In dem Laden begegnet mir eine Samin in Tracht. Diese Tracht macht einen kostbaren Eindruck. Und passt nicht so recht zu dem ärmlichen Aussehen der Samenwohnstätten, die ich bisher gesehen habe.

Die alte Frau wirkt sehr gesund und souverän, im Gegensatz zu ihren zwei Begleitern. Der Mann riecht stark nach Alkohol, das Mädchen ist extrem übergewichtig und ungepflegt. Sie entsprechen dem Klischee des Harz IV-Empfängers. Ich konnte noch nie viel mit dem Begriff kulturelle Identität anfangen und seine stabilisierende Wirkung auf die Psyche. Aber insgeheim frage ich mich anhand der Drei, ob da etwas dran ist. Ich weiß, dass das alles extrem spekulativ ist.

Die Landschaft verändert sich. Die Bäume weichen Birkenbüschen. Und das Wasser wird knapp. Nicht wirklich knapp. Es gibt massenhaft Seen. Aber das Bächlein in Straßennähe, in das man einfach die Trinkflasche hält, ist plötzlich Mangelware.

Als ich Pause mache, habe ich den Eindruck, dass die Mücken weniger aufdringlich sind.

Vor lauter Photographieren komme ich nicht so recht weiter. Das wellige Streckenprofil hälft auch etwas auf.

Deswegen mache ich in Kautokeino früher Schluss und gehe auf den Campingplatz. 80 NOK. Erfreulich billig. Wenn das so weitergeht. Super.

Und dann treffe ich John. Ein Australier, der von Helsinki über Kirkenes und Nordkap nach Schweden will und dann wieder nach Helsinki.

Er hat nur eine gute Nachricht für mich. Es gibt an der Küste keine Mücken. Jetzt die schlechten Nachrichten. Camping 200 NOK, Duschen und Strom für die Küche extra. 300 – 400 NOK pro Tag für Essen. Der Rema 1000 – die Billigsupermarktkette in Norwegen wäre so teuer wie Tankstellen. Tankstellen wären eigentlich billiger. Abgesehen davon wäre es ziemlich steil.

Ich weiß nicht, was ich von diesen Berichten halten soll, weil John mir die leckeren Hotdogs bei Statoiltankstellen ans Herz legt.

Ich revanchiere mich bei John, der mit Dackelschneidern unterwegs ist, mit Schotterstraßen in Schweden und dem modernen Layout der E-Straßen.

Als mir noch ein paar Infos zu Schweden einfallen, gehe ich zu seinem Zelt und vermisse sein Fahrrad. Es liegt neben ihm im Zelt.

Es kommen noch zwei Deutsche, einer mit einem Dreiradliegerad. Was natürlich Aufsehen erregt. Ein dänisches Ehepaar inspiziert das Fahrrad und entdeckt ein E-Werk Nabendynamoladegerät. Da fällt die Rohloff schon gar nicht mehr auf.

Ich erwähne dann meinen selbst gebauten Forumslader, der natürlich auch bewundert wird. John mit seinen Horrorgeschichten ist plötzlich für den Rest des Campingplatzes sehr uninteressant.

Aber was mal wieder typisch ist, wir Deutschen fallen durch extremen Hightech auf.