0. Tag: Vor-Abend-Check-In

Weil Frauen-WM und Ferienbeginn ist, entscheide ich mich schon den Vor-Abend-Check-In der Star-Alliance-Gesellschaften zu nutzen. Zu meiner Verblüffung ist der Flughafen ziemlich leer. Vor drei Jahren, als ich auch den Vor-Abend-Check-In zum Ferienbeginn nutzte, war ziemlicher Betrieb auf dem Flughafen.

Er ist so leer, dass die Frau am Sperrgutschalter sogar ein älteres japanisches Ehepaar ohne Speergut eincheckt. Ihr ist wahrscheinlich langweilig. Ich habe bisher nur einmal schneller eingecheckt. Wir plauschen sogar ein wenig.

Nach den Pechereignissen der letzten Woche, die vermutlich noch an anderer Stelle angesprochen werden, habe ich weiter Glück. Als ich das Fahrrad buchte, wurde mir gesagt, der Preis hätte sich von 40 auf 90 Euro erhöht.

Man will aber nur 40 Euro von mir haben. Vorsichtshalber insistiere ich und man bleibt bei den 40 Euro.

Als ich aus dem Flughafen rausgehe, bemerke ich, dass meine Befürchtungen, dass der hohe Norden mich überfordern könnte, abgefallen sind.

Was waren die Befürchtungen. Ich befürchtete, dass ich mich verkalkuliert haben könnte. Dass ich des Nachts friere, obwohl ich Wetterdaten und Schlafsackdaten abgeglichen habe. Dass ich die Kleidung nicht warm genug gewählt habe. Dass ich auf Wetterwidrigkeiten stoße und mir der Flieger vor der Nase wegfliegt, obwohl ich einen großzügigen Puffer eingebaut habe. Dass eine Materialpanne mich zum Aufgeben zwingt, weil ich sie nicht so locker wie im gute bevölkerten Teil Europas retten kann.

Andererseits bin ich gespannt. Der erste Nordkapreisenden Francesco Negri schrieb:

„Hier bin ich nun am Nordkap, am äußersten Punkt Finnmarks, und ich kann ohne Weiteres sagen am äußersten Punkt der Welt, denn weiter nördlich gibt es keinen von Menschen bewohnten Ort mehr. Mein Wissensdurst ist nun gestillt, und ich will nach Dänemark zurückkehren, und so Gott will, in mein Heimatland.“

Es ist erstaunlich, dass ich ähnlich mythische Gefühle habe. Ich werde am Rande der Welt stehen, an dem ich herunterfallen kann. Ein altes Bild, was im Widerspruch zu meinem rationalen Wissen steht. Trotz alledem war dieses Gefühl der Grund für die Entscheidung an das Nordkap zu fahren und dann weiter zur russischen Grenze.