Neunter Tag: Bungay – Burnham Market (111,71 km)

Kurz vor Norwich stoße ich auf einen Fluss. Nicht sehr breit, aber so tief, dass er von größeren Motorbooten beschiffbar ist. Dies nutzen dieses auch weidlich. Das Rudern auf diesem Fluss scheint ähnlich selbstverständlich zu sein wie hierzulande das Joggen.

 

Bei meinen Vorbereitungen ist nicht klar geworden, wie die Handhabung der Öffnungszeiten am Sonntag wirklich aussieht. Die Geschäfte mit Essen haben offen. Teilweise bis zum späten Abend oder aber auch nur bis Mittags. Aber man muss keine Angst vor dem Verhungern haben. Die anderen Geschäfte sind fast durchgehend geschlossen.

Ich versorge mich mit Sandwiches, weil ich die schon immer lecker fand. Sie sind gemessen an deutschen Verhältnissen billig. Aber ich habe immer noch nicht meine Lieblingssorte mit Egg und Onion entdeckt.

Nach Norwich führte die Route über den Marriot’s Way. Eine alte Bahnstrecke, die man zu einem Wanderweg umgebaut hat. Er wird von den Engländern stark genutzt. Ich finde ihn nicht besonders bemerkenswert, sondern eher abstrus.

Auf beiden Seiten des Weges befinden sich dichtes Gebüsch und Bäume, so dass der Eindruck von Wald entsteht. Es handelt sich aber um eine Reihe Bäume oder Büsche, direkt dahinter Landwirtschaft. Es wirkt eher wie eine Waldsimulation.

Die Engländer scheinen ein uns fremdes Naturverständnis zu haben. Manche Ecken sind sehr schön, aber von Menschenhand herausgeputzt. Ansonsten wirkt die Landschaft eher ungepflegt. Die Flora erinnert an die verlassener Industriegebiete.

Die Straßenränder sind ein einziges Brennnessel- und Heckenband. Auf Grund der letzten Tage würde ich die Brennnessel als ein Kennzeichen von England benennen.

Gegen Nachmittag schiebe ich Frust. Ich kann diese Hecken und diesen Zerfall der Häuser nicht mehr sehen.

Doch allmählich ändert sich in Norfolk die Bauweise. Statt Ziegel unbehauner Naturstein. Ziemlich viele Gebäude wirken nahezu mittelalterlich.

In Burnham Market verspricht meine Karte einen Campingplatz. Im Pub erklärt man mir, ich müsse in das Nachbardorf. Dort komme ich mit dem Farmcamping in Berührung. Ich habe eine Wiese für mich alleine mit Blick auf eine Pferdekoppel. Dusche und WC sind in alten Stallgebäuden eingebaut.

Eine Sache zum Verkehr. Die Engländer scheinen kein Verhältnis zu Radfahrergeschwindigkeiten zu haben.

Fußgänger und Hundebesitzer machen teilweise so früh den Weg frei, dass ich mich frage, ist das ernsthaft für mich.

Auch fällt mir auf, dass manche Autos auf den einspurigen Straßen erst passieren, wenn ich am Wegesrand anhalte. In Deutschland wäre man an mir langsam vorbeigefahren. Andererseits finden wiederum seltsam riskante Überholmanöver statt. Kein Abbremse und mit 40cm Abstand an mir vorbei.

Aus meiner deutschen Sicht sind die wenigsten Überholmanöver radfahrergerecht.