17. Tag: Vardø – Vestre Jakobselv (99.05km)

Auf dem Schiff checke ich den Wetterbericht. Windstärke 5 mit Böen bis 8 von der Seite oder ins Gesicht. Ich überlege, mit dem Schiff weiter nach Vadsø zu fahren. Trotzdem ich gehe um 4 Uhr morgens vom Schiff runter, weil der Wind im Laufe des Tages besser werden soll. Ich will erst einmal schlafen. Es ist zu kalt und windig, um einfach nur den Schlafsack auszupacken. Zelt müsste sein. Aber zum Aufbau ist es mir zu windig.

Da mich der Wind zum Vardøtunnel treibt, beschließe ich loszufahren. Obwohl ich meine wärmsten Klamotten anhabe, friere ich. Der Wind bläst alle Wärme vom Körper weg. Nach einer Weile merke ich, meine Augen fallen zu. Also packe ich meinen Zeltuntergrund aus, suche mir eine Kuhle hinter einem Felswall, decke mich zu und versuche ein Nickerchen zu machen. Was mir auch gelingt.

Aber diese Mütze Schlaf reicht nicht für die Restkilometer. Also stelle ich gegen 8:30 mein Zelt auf und verschlafe das Abflauen des Windes. Erst jetzt gewinne ich Interesse an der Landschaft. Es ist eine grüne flache Küstenlandschaft, die durch Felsbrocken und Geröll gesprenkelt ist. Ich fühle mich an Bilder von Irland erinnert. Durch die vielen Schafe hat die Landschaft etwas Beruhigendes.

Meine innere Motivklingel schlägt bedeutend seltener an. Ich mache sehr wenige Bilder. Wahrscheinlich bin ich durch die Sensationen der letzten Tage leisere Töne nicht mehr gewohnt.

An der E75 sollte man Scheidungsanwalt sein. Ich sehe immer wieder Autos am Straßenrand, in denen Frauen auf dem Beifahrersitz sitzen. Die dazu gehörigen Männer sind ganz weit weg vom Auto beschäftigt. Entweder sie lauern mit sehr teueren Teleobjektiven der höchsten Qualitätsstufe Vögeln auf oder sie angeln sogar in weiter Ferne.

Ich komme immer wieder durch kleine Dörfchen. Irgendwann fällt mir auf, dass hier die in Norwegen schon fast obligatorischen Wohnwagen neben den Häusern fehlen.

In Vadsø gehe ich einkaufen. Die Norweger sehen in ihrer Physiognomie teilweise sehr amerikanisch aus.

In Schweden erkannte ich die Norweger an der Größe des Wohnmobiles. In Norwegen selber komme ich gar nicht darauf, dass dies ein reiches Land ist.

Als ich vor dem COOP meine Kannebulle verzehre, baumeln plötzlich zwei Pfirsiche vor meiner Nase. Ein Geschenk von Björn. Er war drei Wochen lang Lachsangeln und ist genauso sonnenverbrannt wie ich.

Bis Vadsø war die Strecke sehr ruhig. Ab Vadsø fahre ich plötzlich auf einer sehr betriebigen Straße. Plötzlich keine Wiesen und Schafe, sondern Einfamilienhäuser.