Siebzehnter Tag: Stakeford – Belford (92,20 km)

Vom Campingplatz fahre ich an einem Public Footpath am River Wandsbeck entlang. Der erste Fluss, den ich als schön empfinde. Er ist nicht so extrem begradigt, wie die Flüsse, die ich bisher in England gesehen habe.

In Ashington gehe ich einkaufen. Es ist ein Supermarkt der Kette Netto. Der erste Supermarkt einer kontinentalen Supermarktkette. Und er funktioniert auch wie auf dem Festland. Ich muss nach einer Tüte fragen, diese bezahlen und selber einpacken. Dafür hat die Tüte aber auch europäisch Maße und ist genauso robust. Die Kasse entspricht auch dem System bei uns auf dem Festland.

In England sind die Tüten normaler Weise deutlich kleiner, labbriger, dafür kostenlos und die Kassiererin packt einem die Sachen ein.

Als ich meine Sachen einpacke, fällt mein Blick auf einen Flyer. Neben dem supergünstigen Harddiskrecorder, wird ein Rollstuhl als Auktionsware für 99 Pfund angeboten. Als ich aus der Tür komme, fährt ein Bus an mir vorbei. Darauf eine riesengroße stillende Mutter die Werbung für das Stillen machen soll.

Am Vormittag führt die Route sehr viel an der Küste entlang. Bei Warkworth nehme ich die Alternativroute auf der Straße, weil der Weg im Naturschutzgebiet als holprig und steil beschrieben wird.

Zwischen Boulmer und Howick probiere ich dann doch den Küstenpfad trotz der selben Warnung zu fahren. Ich kann jetzt nicht wirklich sagen, wie es mit dem Zustand des Weges für die Radfahrer ist.

Als ich vor einem verschlossenen Viehgatter stehe und mein Fahrrad hinüber wuchten muss, bin ich mir sicher, dass es zwei Wege gibt. Einen für Wanderer und einen für Radfahrer. So freundlich wie mich die Wegweiser an diesem Gatter anlächeln, so falsch bin ich gefahren.

Ich habe zwar mein Rad großteils geschoben, aber es war wunderschön.

Ab Horwick führt die Route von der Küste weg. Es ist hügelig und die Täler haben eine sehr ungewohnte Form.

In Bamburgh steht ein Castle, das von gigantischen Ausmaßen ist. Ich habe hier schon einige Burgen und Kastelle gesehen, gegen die Burgen z.B. am Rhein winzig sind. Aber Bamburgh Castle übertifft die bisher gesehenen Bauwerke in England bei weitem.

Ich lese momentan abends vor dem Zelt historische Berichte von König Arthur. Mir kamen immer gewisse Zweifel an den Zahlenangaben des Heeres, als ich die Berichte las. Aber wer solche Burgen bauen kann, kann vermutlich auch solche Heere aufstellen.

Weiter geht es nach Belford. In der Abendsonne und dem teilweise bedeckten Himmel, ergeben sich Farben- und Lichtspiele, die mich in ihren Bann ziehen.

Um nach Belford zu kommen, muss ich eine Steigung mit 17 Prozent hoch. Aber meine Karte verspricht mir dort oben einen Campingplatz. Oben angekommen sehe ich keinen Hinweis auf einen Campingplatz, also frage ich eine Frau, die gerade aus ihrem Grundstück heraus fährt.

Sie verkündet mir mit mitleidigem Blick, ich müsse den Berg auf der anderen Seite runter und unten im Tal im Ortskern wäre der Campingplatz.

Als ich die Straße hinabfahren will, begrüßt mich noch einmal so eine irrwitzige Prozentangabe. 17 Prozent am Morgen, bringen Kummer und Sorgen.

Auf dem Campingplatz spricht mich ein älterer Herr an. Er spricht für meine Ohren ein etwas sonderbares Englisch.

Nach einer Weile interessiert es mich dann doch, wo er den herkommt. Ich habe die Vermutung aus dem Ostblock. Nein es ist ein Schotte. (Nachtrag: Wieder zu Hause in Deutschland, höre ich ein Interview mit dem Ministerpräsidenten Pakistans auf Englisch. So hört sich dieser Schotte an und auch die weiteren Schotten.) Wenn er langsam spricht und die Worte klar trennt, kann ich ihm folgen. Aber nur dann. Es verspricht in den nächsten Tagen sprachlich herausforderend zu werden.