Prolog

Eigentlich, ganz eigentlich wollte ich dieses Jahr endlich nach Irland. Also das, was ich im ersten und zweiten Corona-Jahr vorhatte. Eigentlich war auch die Entscheidung für Irland schon gefallen, aber dann kam der Ukrainekrieg. Deswegen entschied ich noch ein Jahr in Deutschland zu reisen, weil ich es nicht klar war, wie der Flugverkehr im Sommer denn sei. Von Irland mich mit Zug und Fähre und einem Fahrrad zurückzuschlagen, fand ich dann doch etwas zu abenteuerlich.

Der Ukrainekrieg berührt den Flugverkehr nicht, aber Corona. So gesehen eine kluge Entscheidung aus falschen Gründen. Es wird von gestrichenen Flügen berichtet, Chaos an den Flughäfen, zurückgebliebenes Gepäck.

Aber wie ist es in Deutschland? Im März habe ich mir mein Zugticket gekauft. Ich hätte von Ulm zum Bodensee mit dem Nahverkehr fahren müssen. Doch was wurde mir zwei Wochen vor Abfahrt gemeldet? Ob in diesen Zügen wegen des 9-Uhr-Tickets ein Fahrrad mitgenommen werden würde, wäre fraglich. Also kaufte ich mir ein Ticket, was ich glücklicherweise ergatterte, sodass ich mit dem Fernverkehr direkt zum Bodensee fahren kann. Dafür muss ich aber um 4 Uhr aufstehen.

Dies mag wie Jammern auf hohem Niveau erscheinen. Es beschäftigt mich aber. Weil seit Corona und Ukrainekrieg beschäftigt mich, wie wirken sich Krisen auf den Alltag aus, verglichen zu Filmen, Literatur und Erzählungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Und ich muss feststellen, dass diese Durchdringung nicht zu massiv ist, wie ich es angenommen habe.

Trotzdem weiß ich noch nicht, wenn ich bei meinem geplanten Ziel Zittau ankomme, ob und wie lange ich nach Frankfurt brauche.

Ich hatte auch die Idee noch kurzfristig, ich fahre mit dem Zug nach Hamburg, dann Richtung Norden, biege dann irgendwann nach Stockholm ab und fahre dann mit der Fähre zurück nach Rostock. Das habe ich verworfen, weil es von Rostock keinen einzigen Nahverkehrszug gibt, bei dem stehen würde, du hast eine Chance mit dem Fahrrad. Überall steht, du hast keine Chance mit dem Fahrrad.

Ich frage mich, ob ich daran erkenne, dass ich in gewisser Weise auf der Sonnenseite des Lebens stehe. Denn trotz Krieg hohe Gas und Treibstoffpreise kann ich in den Urlaub fahren, kann mir sogar zwei Tickets für den Fernverkehr zu kaufen, um mir den Ärger des 9 Uhr Tickets zu ersparen.

Die andere Frage, die mich etwas umtreibt, ist die Dürre. Vor drei Tagen gab es in Deutschland Spitzentemperaturen über 40 Grad. Ich überlege mir, ob ich nicht einfach mein Kocher zu Hause lasse, ob es wirklich schlau ist, auch wenn es auf einem Campingplatz ist, mit offenem Feuer zu kochen?

Auch macht mir die Wasserversorgung ein wenig Sorge. Letztes Jahr im Schwarzwald habe ich schätzen gelernt, wenn es viel Wasser gibt. Dieses Jahr trotz Wasserfilter mache ich mir Sorgen, ob ich am Wegesrand Wasser finde. Diese Sorge ist begründet aus den Erfahrungen der diesjährigen Mittelgebirgstouren bei mir in der Gegend. Wie sorglos war doch das Radreisen noch vor einigen Jahren war.

Wobei es doch eher so ist, dass ich dem Verlust der Flexibilität hinterher jammere, der sich in den letzten 20 Jahren ergeben hat. Die Methode „Schau mer mal“ funktioniert nicht mehr. Frühes hätte ich mir diese Flexibilität nicht einmal gewünscht, weil es so utopisch erschien.