21. Tag: Kirkenes

Heute wird gefaulenzt und ein wenig Wäsche wird reisefein gemacht. Ein guter Zeitpunkt ein Fazit zu schreiben.

Es war meine bisher schönste Radreise. Insgeheim überlege ich, ob ich sie wiederholen soll oder die letzten drei Jahre. Aber ist dieses Glück von dieser Reise wiederholbar? Ich bilde mir ein, unwahrscheinliches Glück mit dem Wetter gehabt zu haben. Aber dessen bin ich mir nicht sicher. Auch ich hatte die Erlebnisse mit dem Wetter, die sich einprägen und deswegen erzählt werden müssen. Diese Ereignisse erhalten dadurch ein Gewicht in der Erzählung, die sie in der Wirklichkeit nicht hatten.

Wenn die anderen genauso erzählen wie ich, dann gibt es wie Anglerlatein auch ein Finnmarklatein, wegen dessen man sich mehr Sorgen macht als nötig.

Doch eine Frage bleibt, wohin jetzt noch? Mir ist viel und fast ausschließlich spektakuläre Landschaft geboten worden. Die langen Tage, die Unbekümmertheit durch das Jedermannsrecht gaben mir ein Gefühl der planerischen Freiheit. Wo lässt sich das wiederholen?

Zwei Dinge sind mir durch die Reise klarer geworden. Zum einen der Wert von ökologischem Verhalten. Die Ungezwungenheit, mit der ich meine Wasserflasche in Bäche und Seen halten konnte, um zu trinken, machte mir deutlich, wie dumm es wäre, etwas in das Wasser zu schütten. Auch wenn man sein Zelt überall aufstellen darf, dann will man eine saubere Landschaft. Also hofft man, dass die anderen ihre Plätze genauso sauber zurücklassen, wie man selbst.

Langer Rede kurzer Sinn, hier wird in einer Art und Weise sinnfällig, besonders wenn man mit einem Zelt unterwegs ist, dass man den Lebensraum erhalten und pflegen muss, um ihn weiter nutzen zu können. Der Wasserhahn und der Mülleimer in Deutschland lassen nur eine theoretische Erkenntnis dieses Zusammenhangs zu.

Zum anderen der Wert von Zivilisation. Ich erkenne erst hier den Wert der Zentralheizung, obwohl ich mit Hightech-Textilien unterwegs bin und es mir leichter fällt mich warmzuhalten als den Menschen früher. Aber ich bemerke wie die Kälte meinen Körper und meine Empfindungen verändert. Ich würde sogar soweit gehen, dass ein Teil der Zivilisationskritik darauf beruht, dass man Dinge empfinden kann, die man nicht in der Kälte empfindet und vergisst, was die Heizung für eine Errungenschaft und Entlastung im Ringen um Behagen ist.

Am Nachmittag wird der Zeltplatz zum Sammelplatz für Reiseradler. Drei Schweizer tauchen noch auf. Wir fliegen alle mit dem gleichen Flieger. Bisher war ich immer der einzige Radler in einem Flugzeug. Insgeheim fragen wir uns, ob alle vier Fahrräder im Flugzeug mitgenommen werden?